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Wert und Unwert der schriftlichen Quellen
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Hier entsteht unser Beitrag über die die Frage, welchen Wert die vorliegenden schriftlichen Quellen - vor allem die Sagas und die Skaldendichtung - für die Aufklärung der Seeschlacht bei Svolder haben.

Der Verfasser ist im Laufe dieser Arbeit zu dem Schluss gekommen, dass die Auswertung der schriftlichen Quellen uns bei der Lösung des Svolder-Problems nicht deutlich weiterbringt. Wir werden das trotzdem machen - einfach weil es im Rahmen einer derartigen Arbeit erwartet wird.

Aber bevor wir lange Abhandlungen über Adam von Bremen und Oddr Snorrason, über "Das schöne Pergament" und Snorri Sturlusons Heimskringla schreiben, wollen wir das wichtigste Ergebnis der Untersuchungen vorwegnehmen:

Die Quellen sagen einiges aus über die möglichen politischen Hintergründe, aber wenig zum Ort der Schlacht - und um den geht es hier in erster Linie.

Ausserdem scheinen nicht in erster Linie die Quellen das Problem zu sein - sie sind sicherlich wertvolle Zeugnisse aus vergangener Zeit.

Das Problem sieht der Verfasser vielmehr in der unkritischen und selektiven Übernahme der Sagas durch einige heutige Wissenschaftler. Insbesondere scheint es eine Tendenz oder besser: eine massive Praxis zu geben, aus den verschiedenen Sagas einzelne Textstellen zu nehmen und sie zu einer neuen "modernen Saga" zusammenzustellen.Wenn dann mit diesen scheinbaren Belegen eine selbst gebastelte Theorie untermauert werden soll, ist das Mass einfacher wissenschaftlicher Fahrlässigkeit sicherlich überschritten.

Mögen die Sagas auch in vielen Punkten voneinander anbweichen - aus der Sicht der damaligen Verfasser sogar in entscheidenden Punkten (wer war Aggressor und wer war Opfer?), so sind sie sich (mit Ausnahme von Adam von Bremen und den Autoren, die bei ihm abgeschrieben haben) im grossen und ganzen doch einig. Zumindest was den Fahrt- bzw. Schlachtverlauf angeht, nicht aber den Hintergrund:

Olav Tryggvason fuhr mit einer Flotte nach Pommern und traf dort mit dem Wendenkönig Boleslaw zusammen. Auf dem Rückweg (nach Adam von Bremen allerdings schon auf dem Hinweg) kam es zur Schlacht bei Svolder, die mit einer Niederlage der Norweger endete.

Die verschiednenen Darstellungen dieser Fahrt sind für die Beurteilung der politischen Hintergründe sicherlich nicht uninteressant. Für die Frage, wo die Schlacht von Svolder stattgefunden hat, spielen sie nur eine geringe Rolle.

Nur für eine Theorie spielt es (aus militärgeografischen Gründen) eine gewisse Rolle: Der Öresund als Austragungsort ist wesentlich wahrscheinlicher bei der Version Adams, nämlich dass Olav erst auf dem Hinweg (also von Norden nach Süden) war. Alle möglichen Schlachtorte vor der (heutigen deutschen) Ostseeküste machen wenig Sinn, wenn die Schlacht auf dem Hinweg der Norweger stattfand. Wir wollen diese Theorie nicht völlig ausschliessen, sie wird aber nur von sehr wenigen Historikern vertreten.

Auswertung der einzelnen Quellen:

Die Aussagen der Sagas widersprechen sich in vielen Punkten und es wird schnell deutlich, woran das liegt: Die Berichterstatter vertreten tatsächlich oder zumindest ideologisch unterschiedliche Herren. Und wes Brot ich ess, des Lied singt man bekanntlicherweise.

Während Adam von Bremen, Ágrip (norwegisches Geschichtsbuch, das um 1190 entstanden ist) und Historia Norvegiae - alles drei dänenfreundliche Berichte - Olav als Aggressor darstellen, stellt z.B. Halldor Okristni (Halldórr der Heide, ein zeitgenössischer Skalde) im "Eiriksflokk" dar, dass Olav von Süden kam. Auch Theodricus monachus stellt fest, dass die Allierten gegen den Norwegerkönig den Krieg eröffneten und ihn unvorbereitet trafen.

Der isländische Benediktinermönch Oddr Snorrason bringt im 12. Jahrhundert (nach 1170, evtl. erst 1185 oder gar 1190) eine gut durchdachte, aber doch recht märchenhafte Darstellung ("Olafssaga Tryggvasonar") der Ereignisse zu Papier, deren lateinische Urschrift allerdings verloren gegangen ist. Wieweit die erhaltene Übertragung seines Textes ins Alt-Nordische authentisch ist, kann man heute nicht mehr beurteilen (Anmerkung: Nach der Altnordische Literaturgeschichte, Band 1, S 242 gibt es mehrere, stark voneinander abweichende Übertragungen).

Man muss aber davon ausgehen, dass Oddr Snorrason die ganze Sache aus christlicher Sicht - also eher Olav-freundlich und nicht zu sagen verherrlichend - dargestellt hat. Er war kein Historiker, sondern religiöser Erzähler (Hagiograph). Bei ihm ist nicht Tyra diejenige, die ihren Mann Olav zum Krieg gegen Dänemark (und damit gegen ihren Bruder Sven Gabelbart) aufstachelt, sondern Gabelbarts Frau Sigrid die Hochmütige (also die dänische Königin) habe (aus persönlichen Motiven Tryggvason gegenüber) ihren Mann gegen den Norweger gehetzt. Oddr Snorrason erzählt dann, dass Tryggvason zum Ende seiner Reise nach Pommern den Grossteil seiner Flotte voraus - also nach Norwegen - geschickt habe, obwohl im Gerüchte über einen geplanten Überfall zu Ohren gekommen seien. Der Jomswinkinger-Jarl Sigvaldi habe ihn aber beruhigt.

Fagrskinna (Fagurskinnasaga, "Das schöne Pergament") und Snooris Heimskringla ("Königssbuch") folgen der Darstellung von Oddr Snorrason in grossen Teilen, weichen aber bezüglich der Abreise Olavs aus Pommern ab: Glaubt man der Heimskringla, hat Sigvaldi Olavs (kleiner) Flotte von Pommern her das Geleit mit seinen Schiffen gegeben, ihn aber bei Svolder verraten und sich aus der Schlacht zurückgezogen.

In Bezug auf die Schlacht von Svolder spielt das allerdings keine Rolle, höchstens bei der Beurteilung von Sigvaldi und seinen Jomswikingern.

Bei dieser ganzen Schilderung fällt auf, dass die Rolle der beiden Frauen sehr hochgespielt wird - sowohl auf der einen, als auch auf der anderen Seite.

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Datierung:

Die älteste Quelle, die eine Datierung der Schlacht bei Svolder vornimmt, ist das eigentlich sehr genaue "Isländerbuch" von einem isländischen Autor, der auf Deutsch "Ari der Gelehrte" genannt wird (Ari Þorgilsson inn fróði, geboren um 1067/68; gestorben am 9. November 1148, nach anderen Quellen 1067 - 1133). Er war Islands erster Historiker. Das Isländerbuch wurde um 1125 oder auch 1128 geschrieben. Ari der Gelehrte bezog sich seinerseits in seinen Texten auf Quellen, u.a. auf Adam von Bremen. Er datiert die Schlacht auf den "Sommer".

"Óláfs Saga Tryggvasonar en mesta" stellt den 9.September als Datum fest

Oddr Snorrason datiert die Schlacht auf den 10. oder 11. September.

Da das genaue Datum nur von sehr geringer Bedeutung für die wissenschaftliche Wahrheit ist, kann man wohl der allgemeinen Geschichtsschreibung folgen, die die Schlacht bei Svolder auf den 9.September 1000 (nach unserer heutigen Zaitrechnung) datiert.
Es fällt auf, dass die Datierung eigentlich sehr genau vorgenommen werden kann, aber die Jahreszahl zwischen 999 und 1000 schwankt. Das hängt damit zusammen, dass einige mittelalterliche Historiker geltend machten, dass das Jahr damals im September endete. Dann wäre es möglich, dass die Schlöacht nach heutiger Zeitrechnung im Jahre 999 stattfand. Letztlich ist das aber im Zuammenhang mit dieser Untersuchung wenig wichtig.

Lokalisierung:

Von entscheidender Bedeutung und ja letztlich Gegenstand dieser Untersuchung ist der Ort, an dem die Seeschlacht stattfand. Denn die genaue Lokalisierung würde es eventuell ermöglichen, gezielt nach Funden zu suchen. Und reale Funde sind nun mal das, woran sich die Archäologen am liebsten orientieren; sie haben die grösste Überzeugungskraft.

Adam von Bremen verlegt die Schlacht in den Öresund. Seine Quelle war der Dänenkönig Sven Estridsson, den Adam möglicherweise selbst aufgesucht hat. Allerdings dürfte die sprachliche Verständigung zwischen den beiden schwierig gewesen sein, Fehler sind da geradezu vorprogrammiert. Adam lässt die Schlacht im südlichen Öresund oder südlich vom Öresund stattfinden. Nun ist der Öresund nicht wirklich weit weg von der südlichen Ostseeküste - die direkte Strecke von Kopenhagen bzw. Malmö (der südliche Ausgang des Öresunds) bis nach Hiddensee beträgt keine 120 Kilometer.

Theodoricus monachus behauptet in der „Historia de Antiquitate Regun Norvagiensium“ (niedergeschrieben um 1178), die Schlacht habe stattgefunden "bei einer Insel, die Svoldr (Svöldr) genannt wird und die in der Nähe des Wendenlandes liegt."

Die "Fagrskinna" ("Das schöne Pergament"), ein Buch über die Geschichte der norwegischen Könige lokalisiert die Schlacht "vor der Küste des Wendenlandes, bei einer Insel, die Svolder genannt wird". Diese Saga wurde um 1220 in Norwegen von einem unbekannten Autor verfasst - ursprünglich wohl unter dem Titel "Nóregs konungs tal"

Oddr Snorrason ("Ólafssaga Tryggvasonar") übernimmt zwar den Namen Svolder, schreibt aber nichts über den Ort. Genauso verfährt Snorri Sturluson in der Heimskringla, einer weiteren "Geschichte der norwegischen Könige".

Interessant ist möglicherweise die Aussage des isländischen Skalden Skuli Thorsteinsson (um 970 - um 1040), der von der "Mündung des Svolder" wie von einem Fluss spricht. ("Wir trugen im Süden vor der Mündung des Svolder das gerötete Schwert"). Die Aussage ist insofern bedeutsam, als Skuli Thorsteinsson angeblich (in der Streitmacht des Jarls Erik Haakonsson) an der Schlacht teilgenommen haben soll. Wenn sein Gesang als "Kriegsberichterstatter der Alliierten" ansonsten sicherlich tendenziös sein dürfte, hat er aber eigentlich keine Veranlassung gehabt, den Ort der Schlacht nicht genau zu nennen.
Es ist aber nicht auszuschliessen, dass das in Wirklichkeit ein Übertragungs- oder Übersetzungsfehler ist und eigentlich heissen soll: (Die Insel) Svolder in der Mündung des Flusses.

Eine völlig abweichende Auffassung wird in den "Annales Ryenses" (im 13. Jahrhundert im Kloster Rüde - dem heutigen Glücksburg - verfasst) vertreten, die die Schlacht in den Bereich der Schlei (also in die Gegend von Haithabu) verlegen. Dort findet sich im Kapitel 90 eine Stelle, in der es heisst, König Gabelbart habe: "sein Recht zurückerhalten von dem bei Mesund (das heutige Missunde) gefallenen Könige Norwegens, der sein Reich in Besitz genommen hatte."

Wir bringen diese sehr ungewöhnliche und von allem anderen abweichende Auffassung nicht nur aus wissenschaftlicher Sorgfalt und Vollständigkeit, sondern auch, weil es zeigt, dass man möglicherweise (!) den Ort der Seeschlacht auch noch ganz woanders suchen kann.

Zusammenfassend muss man feststellen, dass eim Studium der verschiedenen Quellen man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass das unkritische Abschreiben auch damals schon gang und gäbe war . . .

Wir werden diese Abhandlung - besonders diese Seite von Svolder.de ist noch lange nicht vollständig - noch ergänzen.


Das Impressum finden Sie unter bernd-gerlich.de

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